Künstlerinnenprofil
Marita Wiemers Bilder bestechen durch ihre Farbigkeit. Nein, eigentlich durch das Erlebnis
von Farbe, die den Betrachter in den Bann zieht. Dabei kann der Ausdruck in der Malerei
und in den grafischen Werken unterschiedlicher nicht sein.
In der Malerei erspürt sie die Farbkraft, gleichzeitig zieht sie den Betrachter mit der
Lasurtechnik in das Erlebnis Bild. Hier trägt ihr Konzept, die Werke abstrakt zu halten und
ohne Titel zu versehen, dem Betrachter die Möglichkeit zu geben, auf eine Reise zu gehen.
Eine Gefühlsreise. Das Nicht-Figurative als Chance. Nicht vorgegebene Gefühle als
spiegelnder Wiedererkennungseffekt beim Betrachter. Kunst als momentane Empfindung als
Meditation, fern vom rasenden Herzschlag einer Großstadt.
In den grafischen Werken zeigt Marita Wiemer Nuancen auf, Formen, Strukturen erhalten
durch unterschiedliche Farben und unterschiedlicher Technik eine erstaunliche
Dreidimensionalität und Wirkung. Marita Wiemer hat die Technik des Linoldruckes
perfektioniert. Im Gegensatz zur Malerei bestimmt eine klare und ruhige Bildaufteilung das
Werk. Das Motiv, positioniert zwischen Balken, erhält eine mikroskopische Verfremdung. Die
Farbigkeit haucht dem Motiv Leben ein und wird bis zum opalisierenden Effekt gesteigert.
Das Druckverfahren erstreckt sich bis auf 10 Platten, die in unterschiedlichster Technik
bearbeitet werden. Die Druckplatte geätzt, die Farbe gerollt, gebürstet, mit dem Pinsel
aufgetragen, lasiert. Das Druckverfahren in einer Präzision, die durch die Wahl der
Druckvorlage trocken oder nass kaum zu erahnen ist. Jeder Schritt in einem Werktagebuch
festgehalten, um die Wirkung zu steigern. Heraus kommen Werke als Unikate oder in einer
kleinen Auflagenhöhe von 10 Blatt.
Marita Wiemer hat die anthroposophische Ausbildung als Malerin gewählt. Die starke
Auseinandersetzung mit dem Wesen von Farbe und ihrer Wirkung auf den Menschen
bestimmen das Farbkonzept, dass diesen Bildern so eigen ist. Ihrer Weiterentwicklung als
Künstlerin verdankt sie ihrer Experimentierfreude. Nach dem Material Aquarell erarbeitet sie sich die
Materialien Ei-Tempera, Öl und Acryl. In der Malerei verbindet sie die in ihrer Ausbildung erlernte
Lasurtechnik mit der Technik, die sie in ihrer neuen Schaffensperiode für sich entdeckt hat: Die
Spachteltechnik.
Das Gesamtwerk ist geprägt von den zwei Seiten einer Künstlerin: Der Präzision eines
Handwerkes und der experimentell, freiraumschaffende Kraft der Kreativität.
Hildegard Willenbring
Kunsthistorikerin
"Meine Bilder sind ohne Titel, denn das gibt den eigenen Phantasien - Ihren und
meinen - Raum."